Immer wieder stoße ich bei Stellenausschreibungen für Pflegefachpersonal auf den Einsatz von monetären oder materiellen Anreizen zur Mitarbeitergewinnung. Für mich als Führungskraft stellt sich die Frage, inwieweit der Einsatz zielführend ist und welche Bewerber:innen sich davon angesprochen fühlen.
Ebenso ist Motivation eine häufig genutzte Begrifflichkeit, vor allem im Zusammenhang mit Führung. Die Anforderung der Erfahrungen in der Motivation von Mitarbeitenden ist eine der meistgeforderten Qualifikationen in Stellenausschreibungen für Führungskräfte. Es besteht die Annahme, dass Motivation latent vorhanden ist und durch geeignete Maßnahmen verstärkt oder reduziert werden kann. Demnach kann die Motivation von Individuen beeinflusst werden, in dem man Anreize setzt, Begeisterung entfacht und die Möglichkeit der Realisierung von Motiven bietet (vgl. Sprenger, 2002, S.21).
Im umgangssprachlichen Gebrauch variiert der Begriff Motivation in seiner Größe und Stärke, zum Beispiel kann eine Person höchst motiviert oder gering motiviert sein. Somit kann sich der Begriff in seiner Qualität auf unterschiedliches Verhalten oder Erlebnisse beziehen. Es ist davon auszugehen, dass ein hoch motiviertes Individuum alle seine Fähigkeiten einsetzt um ein definiertes Ziel zu erreichen und sich in keiner Weise davon abbringen lässt. Das bedeutet, dass jemand ein Ziel hat, alle vorhandenen Möglichkeiten nutzt dieses zu erreichen, sich durch keine äußeren Faktoren ablenken lässt und nicht nachgibt, bis das Ziel erreicht ist. In der Selbstwahrnehmung kann dieser Prozess als Drang und Wollen oder als ein Gefühl der Ruhelosigkeit empfunden werden (vgl. Rheinberg & Vollmeyer, 2018, S.14f).
Rheinberg und Vollmeyer argumentieren ebenso, dass Motivation im Alltag bei anderen Menschen als unmittelbares Objekt nicht wahrgenommen werden kann. Es werden Anzeichen wie Streben, Wollen und Hoffen und die daraus resultierenden Attribute wie Ausdauer und Anstrengung, die aus dem Selbsterleben bekannt sind, im Verhalten des anderen erkannt und als Motivation ausgelegt.
Auch Becker erläutert, dass der Begriff Motivation im Alltag von Menschen mit verschiedenen Begrifflichkeiten verbunden wird. Zum Beispiel wird Motivation mit dem Ergebnis eines Verhaltens gleichgesetzt. So wird im Arbeitskontext bei einem schlechten Arbeitsergebnis von fehlender Motivation ausgegangen.
Ebenso besteht die Ansicht, dass Motivation gleich zu setzen ist mit dem Einfluss auf das Verhalten anderer, zum Beispiel durch monetäre Anreize oder besondere Leistungen.
Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass Motivation ein inneres Potenzial ist, das dazu führt, dass angestrebten Ziele erreicht werden (vgl. Becker, 2019, S.19).
In der Betrachtung der Motivation werden die intrinsische und die extrinsische Motivation unterschieden. Extrinsisch motiviertes Verhalten wird von außen ausgelöst durch Anreize in verschiedener Form. Bei der intrinsischen Motivation agiert die Person aus einem inneren Antrieb heraus.
Wissenschaftlich betrachtet, besteht die Auffassung, dass die intrinsische Motivation einen Zustand beschreibt in dem ein innerer Antrieb dazu führt, etwas um seiner selbst willen zu tun. Zum Beispiel, weil es eine Herausforderung darstellt oder Spaß dabei empfunden wird. Ebenso besteht die Ansicht, dass dieser innere Antrieb individualisierbar ist. Es ist eine Unterscheidung der Ausprägung bei den Menschen in identischen Situationen zu erkennen (vgl. Mühlenhoff, 2017, S.23).
In der Fachliteratur werden Aspekte der Motivation vor allem im Zusammenhang mit Führung thematisiert. In dem Zusammenhang wird Motivation definiert als ein zielgerichtetes Verhalten des Mitarbeitenden. Es besteht die Annahme, dass das Verhalten der Mitarbeitenden durch externe Anreize der Vorgesetzten beeinflusst werden kann. Sprenger kritisiert den Einsatz von finanziellen Anreizen zur Motivation, da eben solcher den Mitarbeitenden unterstellt, dass dieser nicht aus eigenem Antrieb den Sinn in der Erfüllung seiner Aufgabe sieht. Somit bestehen keine Bemühungen von Seiten der Vorgesetzten den Mitarbeitenden durch Transparenz und Informationsgabe von einer Handlung zu überzeugen. Sie sollen durch einen Anreiz dazu verleitet werden etwas zu tun, was sie aus eigenem Antrieb oder nachvollziehbaren Argumenten nicht tun würden. Mitarbeitende würden so zu manipulierbaren Objekten degradiert werden und ihnen wird ein vernunftgeleitetes Verhalten nicht zugetraut. Denn jede Form des Einsatzes externer Motivierung reduziert den inneren Antrieb. Mitarbeitende werden auf die Belohnung von Leistung konditioniert, sodass die intrinsische Motivation verdrängt wird. Die Motivation durch einen externen Anreiz wirkt nur kurzzeitig. Nachdem der erste Effekt verpufft ist wird der nächste Anreiz benötigt um die geforderte Leistung zu erbringen.
Des Weiteren liegt keine Studie weltweit vor, die eine langfristige Leistungssteigerung durch den Einsatz von extrinsischen Anreizen nachweist (vgl. Sprenger, 2015, S.91ff).
Auf Grundlage dieser Aspekte gilt es den Einsatz extrinsischer Anreize gut abzuwägen.