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Hier und Jetzt – Achtsamkeit Teil „1“

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Von den Buddhisten mag man halten, was man will. Wenn mir früher jemand erzählt hat, er sei zum Buddhismus übergetreten, dann dachte ich immer „O.K. so viel Langeweile möchte ich auch mal haben“. Meistens waren es Patienten von mir. Jetzt haben wir bei uns auf der Psychotherapie Station die „Achtsamkeit“ –Gruppe eingeführt. Die Achtsamkeit hat 3 Säulen, eine davon ist:

„Im Hier und Jetzt sein“

Das klingt absolut banal.
„Ich bin doch im Hier und Jetzt, wo sollte ich sonst sein?“
Und gleichzeitig ist es das nicht. Zum Verstehen hat mir diese Metapher geholfen:

Ein Rabbi wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so gelassen sein könne. Er antwortete:

 

Wenn ich stehe, dann stehe ich;

wenn ich gehe, dann gehe ich;

wenn ich sitze, dann sitze ich;

wenn ich esse, dann esse ich;

wenn ich spreche, dann spreche ich …

Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort.

Das tun wir auch,

aber was machst du noch darüber hinaus?

Er sagte wiederum:

Wenn ich stehe, dann stehe ich;

wenn ich gehe, dann gehe ich;

wenn ich sitze, dann sitze ich;

wenn ich esse, dann esse ich;

wenn ich spreche, dann spreche ich …

Wieder sagten die Leute:

Das tun wir doch auch. Er aber sagte zu ihnen:

Nein,

wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon;

wenn ihr steht, dann lauft ihr schon;

wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.

Das ist etwas, das wir aus unserem Alltag kennen. Wir sind bei einer Sache und denken schon an die Nächste. Und hoffen dadurch was einzusparen – Zeit oder Ideen oder sonst was. Und was kommt dabei raus? Wir sind nur halb bei der Sache, fühlen uns gestresst und müssen manchmal Dinge doppelt machen, weil wir „Nicht ganz bei der Sache“ waren. Kennen wir. Ich habe immer gedacht, ich habe so viel zu tun, dass es nicht anders geht, dass ich immer mehrere Dinge gleichzeitig im Kopf haben muss, damit ich „Alles auf die Reihe“ bekomme. Dann ist mir aufgefallen, dass es Menschen gibt, die viel mehr Stress haben, als ich und sind dabei viel ruhiger und besonnener.

Wie machen die das? „Im Hier und Jetzt sein“ bedeutet sich ganz auf die Sache zu konzentrieren. Wenn ich in der Morgenrunde sitze und schon an die Visite denke, verpasse ich das Eine oder Andere, was gesagt wird. Oder ich bin so abgelenkt, dass ich zum Verständnis nachfragen muss. Hätte ich gleich aufgepasst, dann hätte ich Zeit gespart und mir hinterher Gedanken über die Visite machen können.
Außerdem, wenn ich abgelenkt bin, was macht mir dann noch Spaß? Wenn ich nicht bei der Sache bin, bin ich schnell genervt oder desinteressiert.

Auf der Fahrt zur Arbeit höre ich immer die Nachrichten. Ständig schweife ich ab. Von der einen Stunde Fahrt schaffe ich es kaum, 5 Minuten einmal zuzuhören. Es kommen Gedanken an Gestern, an Heute und an Morgen.

Wenn dann ein Stichwort fällt, das mich interessiert und ich habe den Anfang nicht mitbekommen, z.B.  „nur noch diesen Monat….“ oder „ab diesem Monat…“ „…. können Sie Zulagen für Wärmedämmung beantragen….“, dann ärgert mich das schon.

„Im Hier und Jetzt zu sein“ beutet, sich bewusst zu werden, was ich gerade tue und mich immer wieder zurück zu holen, wenn ich abschweife. Das kann man trainieren. Mittlerweile schaffe ich es schon die Nachrichten zu 80% ganz zu verfolgen. Nicht immer – aber immer öfter. Seitdem ich mehr „Achtsam“ bin, nehme ich Dinge anders wahr. Es bereitet mir mehr Freude und ich bin effektiver. Es hat sich jetzt nicht um 180° gewendet, aber es ist merklich und gefällt mir gut.

Das möchte ich den Patienten vermitteln, wie man mit Hilfe der Achtsamkeit gelassener werden kann. Und es kommt gut an. Die Gruppe besteht seit einem halben Jahr. Wir arbeiten mit dem Achtsamkeitstraining von Martina Wolf-Arehult / Cornelia Beckmann.

David Witte, Pflegefachkraft am Zentrum für Psychosoziale Medizin, AGAPLESION Diakonieklinikum Rotenburg

 

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