Die Notaufnahme als Arbeitsplatz für Pflegefachkräfte bringt ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld mit sich. Da Patient:innen mit verschiedenen Symptomen die Notaufnahme aufsuchen, bedarf es einer hohen medizinischen und pflegerischen Fachkompetenz sowie Stärken in der Kommunikation und Organisation, um den Anforderungen in jeder Situation gerecht zu werden. Ebenso stehen die Mitarbeitenden diversen neuen Herausforderungen gegenüber, die der Änderung der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und dem gesellschaftlichen Wandel geschuldet sind.
Die Notfallversorgung in Deutschland tritt in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus politischer und gesellschaftlicher Diskussionen. Zum einen kommen gesellschaftliche Veränderungen wie der demographische Wandel und der damit einhergehende Anstieg an Menschen mit chronischen Erkrankungen und Multimorbiditäten zum Tragen, zum anderen weisen die bestehenden historisch gewachsenen strukturellen Rahmenbedingungen für die ambulante Notfallversorgung Handlungsbedarf auf (vgl. Niehoff, 2020, S.4ff.). Die Versorgung von ambulanten Notfallpatienten wird von drei Akteuren im Gesundheitswesen gewährleistet, dem ärztlichen Notdienst, dem Rettungsdienst und den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Auf Grundlage des im SBG V, §75 hinterlegten Sicherstellungsauftrag liegt der Versorgungsauftrag für ambulante Notfälle im vertragsärztlichen Bereich. Dieses beinhaltet eine Sicherstellung der Versorgung rund um die Uhr durch die Haus- und Facharztpraxen, sowie außerhalb deren Sprechzeiten eine Betreuung durch den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (vgl. Aqua, 2016, S.5). Während beim kassenärztlichen Bereitschaftsdienst die Zahl der Inanspruchnahme sinkt, ist bei den beiden anderen Akteuren in der Notfallversorgung ein kontinuierlicher Anstieg der Inanspruchnahme von Leistung zu verzeichnen. Dieses führt regelmäßig zu einer Auslastung der infrastrukturellen Ressourcen der Notaufnahmen, welches für das eingebundene Personal eine hohe Arbeitsbelastung zur Folge hat. Daraus ergibt sich eine Verzögerung der zeitnahen bedarfsgerechten Notfallversorgung von Patient:innen, deren Beschwerden eine Versorgung im Krankenhaus erfordern (vgl. Gaß, 2020, S. 202).
Die Gründe für die steigende Inanspruchnahme sind vielfältig. Es besteht eine Unsicherheit in der Bevölkerung über die bestehenden Versorgungsstrukturen und Verantwortlichkeiten im Notfall. Eine Steuerung in das notwendige Versorgungssetting erfolgt nicht. Ebenso zeigt sich eine Anspruchsinflation in der Bevölkerung auf eine vollumfängliche, jederzeit verfügbare Behandlung jeglicher Beschwerden. So werden die Notaufnahmen der Krankenhäuser auch während der Öffnungszeiten der Haus- und Facharztpraxen angesteuert, obwohl keine akuten Beschwerden bestehen. Die Erkrankten gehen von einem schnellen Zugang zu diagnostischen Leistungen und einer Bewertung der Beschwerden durch einen Facharzt aus. Zum Teil ist die Inanspruchnahme der falschen Versorgungsstruktur zugleich der fehlenden Kompetenz der Patienten und der Selbsteinschätzung des Behandlungsbedarfs geschuldet. Es werden zum Beispiel Beschwerden als Notfall eingeschätzt, obwohl die Versorgung im hausärztlichen Setting ausreichend wäre (vgl. Messerle, 2018, S. 927).
Die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung erfolgt über eine Pauschale auf Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstab- Katalog (EBM). Diese Pauschalierung führt vor allem in den Kliniken zu einer defizitären finanziellen Situation, zumal ein großer Anteil der Kosten in der Notaufnahme durch die Bereitstellung von infrastrukturellen Ressourcen, für die Notfallbehandlung besteht und diese Fixkosten durch die Vergütungspauschale nicht abgedeckt werden (vgl. DGINA, 2015, S. 73). Die sektorale Trennung in der Notfallversorgung und die fehlende Patientensteuerung in die bedarfsgerechte Versorgungsstruktur haben Ineffizienzen und Versorgungsbrüche zur Folge (vgl. Niehues, 2017, S.824f).
Ziel der gesundheitspolitischen Akteure ist es unter anderem, die derzeit weiterhin getrennt organisierten Versorgungsbereiche zu einem integrierten Notfallversorgungssystem zusammen zu führen. Der effiziente Einsatz von personellen und finanziellen Ressourcen sowie die Verbesserung der Versorgungsqualität durch die Erweiterung des Beratungsservice (116117) und der Steuerung in die bedarfsgerechte Versorgung.
Trotz der hochkomplexen Anforderungen an die in der Notfallversorgung beschäftigten Mitarbeitenden, bringt die Tätigkeit in einer Notaufnahme viele positive Aspekte mit sich. Es besteht eine gute interprofessionelle Zusammenarbeit und der Arbeitsalltag ist aufgrund der verschiedenen Menschenkontakte und der unterschiedlichen Krankheitsbilder sehr abwechslungsreich und spannend.
Davon berichtet auch unser Kollege Matthias Buschen, der als Gesundheits-und Krankenpfleger im Zentrum für Notfallmedizin am AGAPLESION Diakonieklinikum Rotenburg, tätig ist:
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